Ein Plädoyer für den Müssiggang!
Wissen Sie, wie das geht? NICHTS TUN?
Ehrlich gestanden tue ich mich immer noch sehr schwer damit, mir Pausen zu gönnen, in denen ich nichts mache – aber ich arbeite daran!
Ruhen, nichts tun, relaxen, entspanntes zweckfreies Tun um seiner selbst willen – das klingt fast unverschämt! Es klingt nach Egoismus, Zeitverschwendung, Faulheit, Stillstand. Und parallel entsteht ein nervöses Kribbeln, wenn man nur daran denkt: NICHTS TUN. Keine E-Mails checken, kein Fernsehen, kein Ausgehen, kein Aufräumen … Wir sind so an unsere Betriebsamkeit gewöhnt, dass wir im Grunde gar nicht wissen, wie das geht: nichts tun.
Die Diagnose „Rastlosigkeit & Aktivismus” trifft sicher auf uns alle zu, und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Wir leben in einer Gesellschaft, in der eine prall gefüllte Agenda Wichtigkeit verkündet. In der mit Raubbau am Körper, 70-Stunden-Wochen und wenig Schlaf angegeben wird. Selbst in unserer Freizeit herrscht die Diktatur der effizienten Zeitnutzung.
Paradox: Halte ein, wenn du Stress hast
Vom heiligen Franz von Sales ist der schöne Ausspruch überliefert: „Nimm dir jeden Tag eine halbe Stunde Zeit für Gott. Wenn du keine Zeit hast, dann nimm dir eine Stunde Zeit.“ Abwandlungen dazu können sein: „Meditiere jeden Tag 15 Minuten. Wenn du keine Zeit hast, dann meditiere eine halbe Stunde”, oder: „Wenn du mächtig viel zu tun hast, dann gönne dir erst einmal eine Pause.” Das klingt ziemlich paradox, denn wir leben ja in einer Zeit, in der man keine Zeit hat bzw. Zeit immer effektiv eingesetzt werden soll.
Unser Gehirn braucht Ruhe!
Die neusten Erkenntnisse aus Neurowissenschaft und Psychologie sprechen eine andere, aber sehr klare Sprache: Unser Gehirn braucht Zeiten der absoluten Ruhe!
Diese nötige Ruhe zu vernachlässigen, führt zu Stress und Rastlosigkeit. Chronische Geschäftigkeit ist kontraproduktiv und schädigt unsere Gesundheit. Sie wirkt zum Beispiel schädigend auf unser Herz-Kreislauf-System, auf das Immunsystem, den Hormonhaushalt und die Fettverbrennung.
Die Zeit der Ruhe ist für den, der seine Aufgabe vollendet hat, daher eine Notwendigkeit. Regelmässiges Nichtstun ist die Voraussetzung für Gesundheit, Selbsterkenntnis und Kreativität.
Ruhen ist keine Zeitverschwendung
Ruhe ist kein Abfallprodukt von „Nichts-zu-tun-Haben”, sondern eine wichtige Voraussetzung für kluges und sinnvolles Handeln. Sie ist somit eine Pflicht!
Ruhe kommt nicht erst dann an die Reihe, wenn wir mit allem anderen fertig sind (denn wann soll das sein?). Aus diesem Grund muss sie ernsthaft eingehalten und praktiziert werden.
Welchen Sinn hat Müssiggang?
Grundsätzlich birgt der Müssiggang immer eine Chance: die Konfrontation mit uns selbst!
Zu ruhen, nichts zu tun oder die Reflexion, wieso man sich möglicherweise gerade langweilt und wieso man Schwierigkeiten hat, sich der Musse hinzugeben, kann erhellend sein. Die Selbstdiagnose, wo man Lücken verspürt, was einem guttut oder wann und wo man sich Pausen wünscht, kann eine Möglichkeit für Entspannung und Gelassenheit sein. Phasen von Müssiggang sind erholsame und oftmals sogar sehr kreative Zeiten für unser Gehirn.
Jeder kann das – nichts tun. Aber nicht jeder gönnt es sich!
Unser Gehirn ist sehr gut ausgestattet für längere Phasen des Nichtstuns. So können wir beispielsweise problemlos ganze persönlich gestaltete Kinofilme vor unserem inneren Auge entstehen lassen. Problematisch ist, dass es Menschen gibt, die diese kreative Fähigkeit nicht nutzen – sei es, dass sie es verlernt haben oder dass sie es sich nicht gönnen.
Wenn wir aber mehr Müssiggang zulassen – ihn gar zelebrieren –, dann haben wir die Chance herauszufinden, wer wir sind und was wir wollen. So führt also Müssiggang zu mehr Selbstwirksamkeit und Handlungsfreiheit. Klingt paradox, ist aber so.
Also, schütteln Sie den Stress für einen Moment ab, und geniessen Sie einen ruhenden Blick aus dem Fenster. Gönnen Sie sich Müssiggang – ein Schritt zu einem besseren Selbstmanagement!
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