Die Jahreswende steht wieder vor der Tür und seien wir ehrlich: Das Ritual der Vorsätze um Neujahr klappt doch nur in den seltensten Fällen. Wir möchten gesünder leben, fitter sein und an unseren Zielen festhalten. Doch oftmals ist schon nach wenigen Wochen der Alltagstrott an die Stelle der Vorhaben getreten. Wahre Veränderungen werden nämlich nicht von äußeren Anlässen, sondern durch innere Achtsamkeit geleitet.
Dies liegt meistens an der Motivation. Wir können hier zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation unterscheiden. Bei der Umsetzung neuer Strategien und Lösungen ist ein Jahreswechselritual wenig hilfreich, weil das Ritual von außen auf uns einwirkt. Das Ankurbeln einer achtsamen Einstellung kann hierbei aber helfen. Aber: Was ist Achtsamkeit und wie können wir diese erlernen?
Was ist Achtsamkeit?
Laut des Psychologie Lexikons bedeutet Achtsamkeit, sich auf sich selbst zu besinnen und den Moment wahrzunehmen. Alle Gefühle, Wahrnehmungen und Fantasien zu akzeptieren und wahrzunehmen. Egal, ob wir Fröhlichkeit oder Trauer spüren. Wir erkennen die Empfindungen, verdrängen, bewerten oder analysieren diese aber nicht.
Es geht eigentlich nur darum, sich nach innen zu wenden und sich auf den gegenwärtigen Moment zu beziehen – nicht so viel Gedanken über die Vergangenheit oder die Zukunft zu entwickeln. Das Ziel sollte es sein, Entscheidungen darüber zu treffen, was im aktuellen Moment wichtig und richtig für sich als Individuum ist.
Routine und Gewohnheiten sind Gegner der Achtsamkeit
Die meisten Menschen sind den Großteil ihrer Zeit wahrscheinlich nicht besonders achtsam – dies liegt daran, dass wir so viele Tätigkeiten routiniert ausüben (zum Beispiel Zähneputzen) und uns zahlreiche Gedanken über vergangene oder zukünftige Handlungen beschäftigen (To-Do-Listen, verpatzte Situationen in der Vergangenheit).
Durch zu wenig Achtsamkeit, verlieren wir uns in Gedanken, grübeln über die Zukunft und setzen uns unter Druck. Diese Gedankenkette gilt es zu durchbrechen. Achtsamkeit hilft dabei, Stress zu verringern und reduziert das Risiko, an psychischen Erkrankungen wie Burn-Out, Depressionen oder Borderline zu erkranken. Es stärkt die eigenen inneren Ressourcen und stabilisiert den Geist.
Wie können wir achtsamer werden?
Auf diese Frage gibt es leider keine pauschale oder allgemeingültige Antwort, sondern viele individuelle. Sicher ist, dass die Aussicht auf ein gesünderes Leben, weniger Pfunde oder mehr Zufriedenheit als permanenter innerer Antrieb ein deutlich besserer Motor sind als jeder externe Faktor. Sie führen zu intrinsischen Handlungen. Intrinsische Handlungen sind eigenbestimmte, aus dem eigenen Antrieb heraus gewählte Vorgänge, die keinerlei äußeren Anstoß benötigen. Sie sind äußerlich nicht beobachtbar und sogar versteckt.
Eigene intrinsische Motive zu entwickeln oder nach ihnen zu handeln, ist oft nicht einfach. Das Problem hierbei ist, dass unsere Gesellschaft eher auf äußere und materielle Werte fokussiert ist als auf die inneren. Extrinsische Bezeichnungen wie Statussymbole sind für viele zugänglicher und nachvollziehbarer.
Ein Beispiel: Auf die Frage „Wer bist du?“ folgt meistens eine Antwort, die Bezug auf eine Berufsbezeichnung oder den Wohnort nimmt. Wer hier keine eindeutige Antwort gibt, sorgt beim Gegenüber meistens für Verwirrung. Eine unklare Antwort auf diese alltägliche Frage entspricht nicht der gängigen Konformität. Wer achtsam sein und sich auf intrinsische Motive einlassen möchte, sollte sich von diesen extrinsischen Faktoren lösen.
Selbstreflektion als wichtiger Prozess
Es gibt verschiedene Ansätze und Übungen, um für mehr Achtsamkeit im eigenen Leben zu sorgen. Am einfachsten ist es immer, sich im aktuellen Moment selbst zu hinterfragen und wahrzunehmen – das funktioniert am einfachsten über die Sinne: Was sehe ich? Was rieche ich? Was schmecke ich? Dadurch lenken wir den Fokus bewusst auf die gegenwärtige Situation, ohne diese zu bewerten. Sich selbst neutral zu reflektieren ist der wichtigste Schritt, um Achtsamkeit zu erlernen.
Tatsächlich hilft auch Meditation dabei, intrinsische Motivatoren und damit innere Werte zu aktivieren. Meditation hilft einen Bewusstseinswandel zu entwickeln.
Meditation für das Ankurbeln der Achtsamkeit
Meditation ist ein gutes Stichwort im Hinblick auf die intrinsische Motivation und intrinsische Handlungen. Durch die Meditation entstehen Achtsamkeit und Konzentration auf sich selbst. In diesem meditativen Zustand ist es möglich, das Innere wahrzunehmen und das Bewusstsein im Hier und Jetzt zu zentrieren. Diese Freiheit von Gedanken führt paradoxerweise dazu, wirklich eigene Gedanken zu denken und zu erkennen.
Tatsächlich ist das Vornehmen von guten Vorsätzen wie zum Beispiel zur Jahreswende ein richtiger erster Schritt für einen achtsameren Umgang mit sich selbst. An unseren guten Vorsätzen können wir jedes Jahr erkennen, wo wir aktuell stehen, was wir erreicht haben und was uns vielleicht noch fehlt. Es ist gar nicht unbedingt nötig, all die guten Vorsätze tatsächlich umzusetzen. Die Reflektion des eigenen Status Quo ist bereits eine Form von Achtsamkeit, denn Reflektion ist Achtsamkeit. Silvester und das Fassen neuer Vorsätze ist für einige vielleicht sogar der achtsamste Moment im Jahr.
Bild: g-stockstudio, 2016