Wieso Sie bei Wut wie ein Pferd schnauben sollten!
Sicherlich kennen auch Sie diese Situation: Sie stehen im Supermarkt in der Warteschlange vor der Kasse und müssen warten. Die Formel für unnötigen Stress, der nun entstehen kann, ist ganz einfach: er entsteht durch negatives Denken. In diesem Moment vor der Kasse liegt es an mir selbst, ob ich mich schwarzärgere und damit selber stresse oder ob ich das Warten als eine Art Pause wahrnehme. Wie auch immer ich reagiere: ändern kann ich die Situation nicht. Ich kann aber das Beste daraus machen.
Ich höre schon die Gegenstimmen: aber, wenn ich eh schon im Stress bin, ein quengelndes Kind im Schlepptau habe oder mich wegen eines Termins beeilen muss. Ja, das verstehe ich. Ich weiss, dass das Stress auslöst oder Ärger verstärkt. Aber an der Situation ändert sich trotzdem nichts – die Wartezeit verkürzt sich nicht. Aber die Zeit nach dem Einkauf, in der ich mich von meinem Ärger beruhigen will, die verlängert sich. Schlimmstenfalls wird sie sogar noch angeheizt oder verstärkt in dem ich die Verkäuferin anschnauze oder zu Hause meine Familie.
EINE ERSTE HILFSMASSNAHME: KURZE SITUATIONSANALYSE
Bei einem solchen Ärger, wie Warten in einer Schlange oder im Staustehen, hilft es darüber nachzudenken, was einen genau nervt. Hätte mich gestern die Warterei auch so aufgebracht? Falls nicht oder weniger: was war gestern anders?
Ausgehend davon, dass positives Denken bewusstes Denkenist, da es Bewusstheit, Achtsamkeit, Wachheit erfordert und negatives Denken in der Regel unbewusstes Denken ist, lohnt es sich über seinen Missmut und vor allem über die Ereignisse im Vorfeld von diesem Stress und Ärger nachzudenken. Zum einen kann Bewusstheit negative Gedanken auflösen, zum anderen hilft diese Aufmerksamkeit Muster zu erkennen.
VOR WUT SCHNAUBEN? DAS KANN BEFREIEN!
Studien zeigen, dass es hilft, wenn man bei Ärger kräftig mehrmals schnaubt. Wohlgemerkt schnaubt. Wie ein Pferd. Nicht im Sinne von jemanden anschnauzen. Wieso? Bei Stress, Wut und Ärger verspannt sich die Ringmuskulatur um den Mund. Das Schnauben hilft zum einen diese Verspannung aufzulockern bis hin aufzulösen und zum anderen wirkt das vertiefte Einatmen beruhigend.
EIN VERSPANNTES GESICHT MACHT VERSPANNTE GEFÜHLE
Manifestiert sich die Verspannung über Minuten im Gesicht oder wird sogar noch verstärkt, in dem man beispielsweise die Stirn über einen längeren Zeitraum runzelt, dann ist es schwer aus dem Ärger herauszufinden. Die verspannten Gesichtsmuskeln geben unserem Geist das Feedback „Ich habe schlechte Laune“ und das wirkt sich dann direkt und nachhaltig auf meine Laune aus.
WAS IST FACIAL FEEDBACK?
Wie die Bewegungen unserer Gesichtsmuskeln unser emotionales Erleben beeinflussen, wird seit den 1970er Jahren wissenschaftlich untersucht. Man nennt dieses Phänomen Facial Feedback. Die Facial-Feedback-Hypothese geht davon aus, dass die Rückmeldung der Gesichtsmuskulatur mit dem Erleben einer Emotion in Zusammenhang steht. Es gibt zahlreiche Studien und Untersuchungen, die nachweisen, dass Personen, die gebeten werden über einen längeren Zeitraum zu lächeln, darüber berichten sich besser zu fühlen. Im Gegensatz zu Versuchspersonen, die angehalten werden über einen längeren Zeitraum die Stirn zu runzeln. Diese berichten einstimmig über sich verschlechternde Laune.
ES IST NICHT EGAL, WIE MAN DEN STIFT HÄLT
Die Wissenschaftler Fritz Strack, Leonard Martin & Sabine Stepper manipulierten 1988 in einem Experiment unter einem Vorwand die muskuläre Anspannung der Gesichtsmuskeln von Versuchspersonen. In ihrem Experiment wurden Teilnehmer Cartoons gezeigt und gebeten, zu beurteilen, wie witzig sie diese fanden. Die Personen wurden in drei Gruppen aufgeteilt, die gebeten wurde auf jeweils unterschiedlicher Art einen Stift zu halten: einmal mit den Lippen, einmal mit den Zähnen und einmal mit der nichtdominaten Hand.
Wenn der Stift zwischen die Zähne genommen wird, werden die für Lächeln zuständigen Muskeln im Gesicht aktiviert (zygomaticus major und Muskulus risorius). Hält man hingegen den Stift mit den Lippen wird ein Muskel namens Orbicularis Oris aktiviert, der die Aktivierung des zygomaticus major verhindert. Man kann nicht lächeln. Als Kontrollgruppe diente die „Hand-Gruppe“, deren Stift-Haltung keinerlei Gesichtsmuskel bewegte.
Die Ergebnisse zeigen, dass Versuchspersonen
- der „Zahn-Gruppe“ die Cartoons als signifikant lustiger bewerteten als die Versuchspersonen der Kontrollgruppe.
- Die Kontrollgruppe fand die Cartoons lustiger als die Personen der „Lippen-Gruppe“.
- Die „Lippen-Gruppe“ fand die Cartoons am wenigsten lustig.
BODY FEEDBACK
Auch der Körper wirkt auf unsere Seele. Es gibt Studien, die nachweisen, dass man bei schwierigen Aufgaben länger durchhält, wenn man aufrecht sitzt. Eine aufrechte Körperhaltung wirkt sich also positiv auf geistige Prozesse aus. Somit können Sie auch durch Ihre Körperhaltung Einfluss auf Ihre mentale Haltung nehmen.
STRAHLEN AUS SICH SELBST HERAUS
Es ist nicht nur so, dass Körperzustände das emotionale Erleben beeinflussen, sondern auch dass sich psychische Zustände im Körper ausdrücken (z.B. durch Gestik, Mimik oder der Körperhaltung). Die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist wird Embodiment genannt. Auf Deutsch bedeutet Embodiment so viel wie Verkörperung oder Verleiblichung.
Echtes Embodiment hat jedoch nichts mit einem aufgesetzten Lächeln zu tun, sondern wird aus dem Selbst geschaffen und ist sehr individuell.
ICH KANN DOCH NICHT IN DER ÖFFENTLICHKEIT RUMSCHNAUBEN...
Das würde ich Ihnen auch eher nicht raten – Ihre Mitmenschen könnten etwas irritiert dreinschauen. Ein kleiner Tipp daher: schnaufen Sie zu Hause mehrfach intensiv und merken Sie sich das Gefühl – sowohl körperlich wie auch emotional. Denken Sie am besten dabei an ein Pferd. Wenn Sie dann in der Öffentlichkeit sind, dann erinnern Sie sich genau an dieses Gefühl. Mit etwas Übung reicht schon das Schnauben in Gedanken, dass Sie sich und Ihre Mundwinkel entspannen. Es gibt zahlreiche Studien darüber, wie mentale Vorstellungen im Gehirn die selben Areale aktivieren, wie wenn man die Bewegung physisch durchführt. Denken Sie an Spitzensportler. Für diese ist die mentale Vorstellung von Bewegungsabläufen ein wichtiger Baustein im Gesamt-Trainingsplan.
Bild: Quelle: Pixabay