Konflikte sind allgegenwärtig: im Privatleben ebenso wie in Unternehmen. Sie kosten Energie und Zeit aller Beteiligten, insbesondere dann, wenn ihnen mit destruktiven Strategien begegnet wird. Sie sind eine Chance, wenn ihr Potenzial genutzt wird. Richtig angegangen, stellen Konflikte eine gute Möglichkeit dar, neue Lösungen für sachliche Probleme zu generieren, andere Perspektiven aufzeigen und kreatives Verhalten im Team zu stimulieren.
Konflikte am Arbeitsplatz können teuer werden
Die Entstehung und die Folgen von Konflikten beschäftigt ganze Disziplinen: Psychologie, Betriebswirtschaftslehre, Jura, Philosophie und Soziologie befassen sich gleichermaßen mit dem Thema. Denn Konflikte sind unabhängig von Zeit und Ort, praktisch allgegenwärtig und mindestens so vielfältig wie die Persönlichkeiten, die sie austragen. Die Diskussion um die Einführung einer neuen Sitzordnung; die empfundene Ungerechtigkeit unter Geschwistern bei der Verteilung der Geschenke an Heiligabend; die Verärgerung von Frau Müller über die Umverteilung von Aufgaben im Sachbearbeitungsteam.
Besondere Aufmerksamkeit wurde in den letzten Jahren Konflikten im beruflichen Kontext geschenkt. Dabei zeigte sich: Konflikte sind nicht nur nervenaufreibend, sondern sie kosten eine Organisation auch eine Menge Zeit und damit bares Geld. Denn Konflikte am Arbeitsplatz, vor allem nicht richtig „angegangen“, führen zu Unzufriedenheit, Demotivation, Ängsten, bis hin zu Mobbing. Das wiederum kann zu erhöhter Fluktuation und ernsten Gesundheitsfolgen für Betroffene beitragen. Die dabei entstehenden Kosten für Unternehmen wurden mehrfach versucht zu quantifizieren. So werden in deutschen Unternehmen rund 10 bis 15% der Arbeitszeit für die Konfliktbewältigung aufgewandt und rund 19% aller Kosten lassen sich schätzungsweise auf Konflikte zurückführen. Einfach wie nie, kann man heute sogar mit komplexen Konfliktkostenmodellen und Online-Konfliktkostenrechnern die individuellen Kosten eines bestimmten Konfliktes berechnen.
Konflikte als Chance verstehen
Warum führen Unternehmen eigentlich noch nicht den eigenständigen Posten der „Konfliktkosten“, genauso wie der „Konflikterträge“ in ihren Bilanzen? Denn Konflikte bergen zwar viele negative Folgen, sind aber gleichzeitig auch eine – häufig unterschätzte – Chance: Sie können neue Lösungen für sachliche Probleme generieren, andere Perspektiven für Teams aufzeigen, kreatives Verhalten der Beteiligten stimulieren und sogar die Veränderung von Personen, Wertvorstellungen und damit auch der Gesellschaft herbeiführen .
Oft decken Konflikte nur das auf, was sowieso früher oder später zum Vorschein gekommen wäre. Ist Frau Müllers Ärger über ihre neuen Aufgaben vielleicht nur Ausdruck ihres verminderten Selbstwertgefühls – also ein Schrei nach Anerkennung vom Chef, dem das Loben schwer fällt? Sind die Aufgaben im Sachbearbeitungsteam nur ungleich verteilt, weil die starren Unternehmensstrukturen es nicht anders zulassen? Wird der neue Kollege, Herr Maier, vom Chef aufgrund seiner Fachkompetenz bevorzugt und erhält Teile von Frau Müllers Aufgaben – ohne dieser die Möglichkeit einer Weiterbildung zu bieten? Konflikte sind das Symptom, nicht die Ursache.
Konfliktkompetenz aufbauen lohnt sich
Sinnvoll es also, Konflikte als Chance zu verstehen und diese aktiv anzugehen, anstatt die Kosten eines Konfliktes zu analysieren. Konfliktbewältigungsstrategien – angefangen beim aktiven Zuhören, bei offenen Gesprächen, bis hin zur (Gruppen-)Mediation – können nicht nur einen behandelten Konflikt auflösen, sondern auch einen Nährboden für eine künftige, gesunde Zusammenarbeit bieten. Vielleicht wird Frau Müllers Chef in Zukunft die Arbeitsleistungen seiner Beschäftigten aktiv anerkennen und vermehrt auf die gerechte Aufgabenteilung im Sachbearbeitungsteam achten – und Frau Müller und Herr Maier nutzen die Chance, sich gegenseitig fachlich zu ergänzen.
Wie also möchten Sie dem nächsten Konflikt in Ihrer Organisation begegnen – ihn ausblenden oder ihn konfrontieren?