Keine Sinneswahrnehmung empfinden wir Menschen so unmittelbar wie das Riechen. Geruchsinformationen gelangen ohne Umwege direkt in unser Gehirn und werden in annähernd der gleichen Gehirnregion wie Emotionen verarbeitet. Gerüche bestimmen unsere Stimmung und greifen in unser Verhalten ein. Je mehr die Forschung über unseren Geruchssinn herausfindet, desto klarer wird, wie leicht wir über Düfte beeinflussbar sind.
Gerüche wirken direkt auf das limbische System, den ältesten Teil des menschlichen Gehirns. Dieses System wird mit Emotionen, Gedächtnis und Antrieb in Verbindung gebracht. Im Gegensatz zum Sehen, Hören, Fühlen und Schmecken gelangen Geruchsinformationen direkt in unser Gehirn. Die anderen Sinne müssen zunächst kognitiv vorgefiltert werden.
Die evolutionsgeschichtlichen Gründe für unseren ausgeprägten Geruchssinn sind vermutlich, dass er uns zum einen Gefahren erkennen liess, wie z.B. Fäulnis oder Feuer. Zum anderen unterstützte er die Entwicklung eines Sozialverhaltens, weil er half, andere Mitglieder aus der Familie oder Sippe wahrzunehmen.
Riechen: ein unterschätztes Sinneserlebnis
Vielen Menschen ist gar nicht klar, wie wichtig unsere Nase ist. In einer Studie aus dem Jahr 2011 sagten mehr als 53 Prozent von über 7000 befragten jungen Menschen, dass sie lieber auf ihren Geruchssinn verzichten würden als auf moderne Technologien. Leider haben sie keine Vorstellung davon, wie sehr Gerüche tagtäglich in unser Verhalten eingreifen: Sie werden ständig wahrgenommen und prägen unsere Stimmung.
Geringere Lebensqualität bei fehlendem Geruchssinn
Das Fehlen des Geruchssinns (Anosmie) wird von Betroffenen als ein erheblicher Verlust an Lebensqualität empfunden. Es wird vermutet, dass Menschen, die ihren Geruchssinn verlieren, auch einen Teil ihrer Identität verlieren. Die psychischen Folgen von Anosmie umfassen Depressionen und fortwährende Angst vor unangenehmem Eigengeruch. Beim Essen und Trinken ist das Geschmackserlebnis der Betroffenen auf die sechs Grundgeschmäcke (süß, sauer, salzig, bitter, scharf, umami) beschränkt. Das kann zum einen dazu führen, dass Gefahren nicht erkannt werden, mit der Folge beispielsweise einer Lebensmittelvergiftung bei verdorbenem Essen. Zum anderen kann Anosmie zu Fehl- oder Unterernährung führen. Die Motivation zur Nahrungsaufnahme kann stark vermindert sein, oder es wird verstärkt Salziges oder Fettiges gegessen, um ein gewisses Geschmackserlebnis zu erhalten.
Das Geruchsgedächtnis speichert positive und negative Gefühle
Egal, was wir zu uns nehmen, immer gelangen Duftsubstanzen über unseren Rachenraum in die Nase und werden dort analysiert. Mit jedem Geruch verbinden wir eine Erinnerung, eine Emotion, ein Bild. Bei bestimmten Düften laufen in unserem Kopfkino in Sekundenschnelle mehrere Filme gleichzeitig ab. Der Geruch von Zimt löst weihnachtliche Kindheitserinnerungen aus, Espressoduft lässt uns vom Urlaub in Italien träumen, frisch geschnittenes Gras erinnert an vergangene Sommer.
Unser Duftgedächtnis ist enorm
Selbst Gerüche, die über Jahrzehnte nicht gerochen wurden, können erinnert werden. An die Gerüche geknüpft sind auch die erinnerten Emotionen, so dass allein das Erinnern angenehmer Düfte positive Gefühle entstehen lassen kann. Umgekehrt geht das natürlich auch, nur – weshalb sollte man sich vorsätzlich schaden? Hier gilt es eher, auf negativ wirkende Gerüche zu achten und diese so weit wie möglich zu meiden.
„Knowledge” by RUB
Im Jahr 2015 verblüffte die Ruhr-Universität Bochum damit, als erste Hochschule der Welt ein eigenes Parfüm herausgebracht zu haben. Der Duft nach Zitrusfrüchten, Blumen und Holz hat eine wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung. „Knowledge“ entspannt, fördert geistige Frische und Konzentration und beeinflusst die zwischenmenschliche Kommunikation positiv. Das Parfüm beruht auf dem Wissen aus zwei Jahrzehnten Riechforschung an der Ruhr-Universität.
Die Wissenschaft hinter dem Duft
Zu den verwendeten Düften gehören unter anderem Cineol, ein Bestandteil des Eukalyptusöls, und Geraniol, das in Geranien, Koriander, Lorbeer und Muskat vorkommt. Cineol hat einen belebenden Effekt, weil es den klassischen Riechnerv, in hohen Konzentrationen auch den „Warnnerv“ Nervus trigeminus aktiviert. Geraniol verstärkt die Wirkung von hemmenden Botenstoffen im Gehirn und wirkt somit entspannend und macht gelassen. Eine weitere Komponente ist Iso E Super, ein chemischer Aromastoff aus der Gruppe „Moschus, Ambra, animalische Düfte“. Das ist eine beliebte Komponente, die weich, holzig und nach Mensch duftet und die Anziehungskraft zwischen Menschen stärkt sowie die Kommunikationsfreude fördert.
12 duftige Stimmungsmacher
Bei Düften gilt: Weniger ist mehr, da sich unsere Nase schnell an einen Duft gewöhnt. Zudem sind Düfte umso effektvoller, je reiner das ätherische Öl ist. Achten Sie beim Kauf auf die Bezeichnung „100 Prozent ätherisches Öl”, denn nur diese Produkte enthalten garantiert keine anderen Zusätze. Weitere wichtige Bezeichnungen sind Ws (Wildsammlungen) und kbA (kontrollierter biologischer Anbau).
1. Bergamotte: Dieser Duft wird aus der Schale der Bergamotte gewonnen, einer Kreuzung aus Bitterorange und der süssen Limette. Das Öl, das auch als grünes Gold bezeichnet wird, hat einen klaren, frischen und lebhaften Duft. Er macht fröhlich und ausgeglichen. In Kombination mit Lemongras hat Bergamotteöl eine anregende Wirkung.
2. Eukalyptus: Von der Pflanzengattung Eukalyptus gibt es über 500 Arten, davon sind jedoch nur vier von Bedeutung für die Gewinnung ätherischer Öle. Die Blätter des Eukalyptus berauschen in Australien die Koalabären. Auf uns wirkt der Duft befreiend und fördert die Konzentration.
3. Ylang-Ylang: Das Ylang-Ylang-Öl kann die Ausschüttung diverser Hormone beeinflussen, zum Beispiel des Serotonins, das unseren Blutdruck reguliert und somit dafür verantwortlich ist, ob wir uns entspannt oder aufgewühlt fühlen. Zudem erhöht es die Enzephalinausschüttung, was unser Selbstvertrauen und unsere Leistungsfähigkeit steigert, wie auch die Ausschüttung von Endorphin, das als „Glückshormon” bekannt ist. Das Ylang-Ylang-Öl wirkt somit aufheiternd, beruhigend und harmonisierend. Zudem wird ihm eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt.
4. Lavendel: Der herbsüsse Duft ist ein Klassiker, und schon wenige Tropfen davon entspannen im Nu. Lavendel wirkt bewiesenermassen beruhigend auf das zentrale Nervensystem. In der Dissertation von Dr. Julia Eidt kann nachgelesen werden, dass und wie Lavendel unsere Grundstimmung beruhigt, ablenkende Gedanken verschwinden lässt und unsere Konzentration erhöht. Zudem lässt es sich in einem Lavendelbad vortrefflich vom Süden Frankreichs träumen, während verkrampfte Muskeln sich lockern.
5. Melisse: Der zitronenartige Geruch frischer Melisse brachte ihr auch die Bezeichnung „Zitronenmelisse” ein. Bereits im 12. Jahrhundert empfahl die Äbtissin Hildegard von Bingen Melisse bei Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, rheumatischen Erkrankungen und Magenbeschwerden. Das kostbare Öl beruhigt und hilft bei nervös bedingten Herzbeschwerden, Bauchschmerzen und Einschlafstörungen.
6. Minze: Der erfrischende und belebende Duft von Pfefferminze ist in der Lage, Müdigkeit und Schlappheit zu bekämpfen. Das im Öl enthaltene Menthol wirkt auf uns nicht nur belebend, sondern gleichzeitig auch beruhigend, ähnlich wie der Duft von Zitrusfrüchten. Er stimuliert das Nervensystem und fördert unsere Konzentration und Denkfähigkeit.
7. Neroli (Bitterorange): Neroli wird aus der Blüte der Pomeranze Citrus aurantium gewonnen. Das Öl wirkt auf unsere Stimmung ausgleichend. Bei depressiver Grundstimmung muntert es auf, und bei übermässiger Anspannung und Nervosität beruhigt es. Es hilft zudem gegen Antriebslosigkeit und hat angstlösende Effekte.
8. Rose: Die Königin unter den Blumen verströmt einen kostbaren Duft, um den sich sinnliche Geschichten ranken. Rosenöl gehört zwar zu den teuersten Ölen, kann aber wegen seiner Intensität sparsam verwendet werden. Schon lange kennt man die stimmungsaufhellende Wirkung des blumigen Dufts, der in früheren Zeiten zur Behandlung von Winterdepressionen eingesetzt wurde. Der Duft von Rosenöl hilft gegen innere Unruhe und Anspannung. Gleichzeitig wirkt er auch anregend bei Müdigkeit.
9. Rosmarin: Schon im alten Rom schmückte man Heiligenbilder mit dieser besonderen Pflanze. Ihr Duft wirkt belebend und ist konzentrationsfördernd. Durch seine Wirkung auf unsere Gedächtnisleistung ist Rosmarin Gegenstand zahlreicher Studien in der Alzheimer- und Demenzforschung. In einer Studie der britischen Universität Northumbria konnte z.B. nachgewiesen werden, dass die Gedächtnisleistung von Probanden, die mit Rosmarinöl beduftet wurden, 60 bis 75 Prozent höher war als die ihrer Kollegen in der duftfreien Kontrollgruppe.
10. Sandelholz: Der warme Duft von Sandelholz vertreibt nicht nur in Indien Stress. Das Öl, das aus dem Kernholz des mindestens 30 Jahre alten Sandelholzbaums gewonnen wird, gilt als beruhigend, stressabbauend und blockadenlösend. Das Öl wirkt entspannend und stimulierend zugleich und hilft nicht nur gegen depressive Verstimmung, sondern auch gegen negative Gefühle wie Wut, Zorn und Traurigkeit.
11. Orange: Der erfrischende Duft von Orange beflügelt den Geist und hebt die Stimmung. Ähnlich wie Rosenöl wird es schon lange bei der Behandlung von Winterdepressionen verwendet und ist wahrscheinlich deswegen in vielen weihnachtlichen Duftmischungen enthalten. Wie Lavendel oder Sandelholz kann es bei Schlafstörungen eingesetzt werden und vertreibt innere Unruhe, Angstzustände, gereizte Stimmung und Nervosität.
12. Zitronengras: Sieht unscheinbar aus, belebt jedoch den Organismus und stärkt die Konzentrationsfähigkeit. Der intensive Duft wird als sehr erfrischend und anregend empfunden und hilft gegen Müdigkeit und Schlappheitsgefühle.