Digitale Transformation und New Work sind die Buzzwords dieser Tage. Die Digitalisierung und Globalisierung hat und wird unsere Arbeitsweise radikal verändern – daran besteht kein Zweifel. Veraltete klassische Arbeitsstrukturen werden einer zeitlich, räumlich und organisatorisch flexiblen Arbeitsweise weichen, die den Mitarbeitern neue Freiräume für Kreativität und die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit eröffnet.
Die Soft Skills haben mittlerweile den Hard Skills den Rang abgelaufen
Agile Unternehmen machen den Wandel des organisatorischen Lebens zum Prinzip, um sich den durch die Digitalisierung forcierten Veränderungen rasch anzupassen und aufkeimende Chancen wahrzunehmen. Agilität impliziert zudem einen größeren Fokus auf Zusammenarbeit im Team. In Zukunft werden Ideen aufgrund eines hohen, intelligenten Vernetzungsgrades nicht mehr von einzelnen Spezialisten eingebracht, sondern von der kollektiven Intelligenz eines Teams generiert. Gefragt sind weniger die fachlichen Kompetenzen, sondern Kommunikationsfähigkeit, Charisma, Belastbarkeit, Empathie, Flexibilität, interkulturelle Kompetenz, Anpassungsfähigkeit und Präsentationsstärke – mit anderen Worten: Soft Skills.
Wer heute Mitarbeiter noch anhand von Lebenslauf und Noten einstellt, riskiert mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fehlbesetzung
In der Vergangenheit reichte den Personalverantwortlichen möglicherweise ein Blick in den Lebenslauf und auf die Noten der abgelegten Prüfungen, um die Eignung eines Bewerbers bzw. einer Bewerberin für die ausgeschriebene Position festzustellen. Dabei sind Lebenslauf und Noten nur eine Dokumentation des Fleißes und des angehäuften Fachwissens, allenfalls noch der bisherigen Berufserfahrungen. Für die Anforderungen des New Work liefern sie kaum relevante Informationen. Über die Soft Skills, die der Kandidat mitbringt, erfährt das Unternehmen wenig bis gar nichts.
Die vielgerühmten und gerne eingesetzten Assessment Center sind dabei selten in der Lage, über die fachliche Eignung eines Kandidaten hinaus fundierte und qualifizierte Aussagen über den Bewerber zu treffen. Sie beantworten lediglich die Frage, was der Kandidat kann, aber nicht wie er arbeitet und sich im Unternehmen und in bestimmten Situationen verhält und ob er im Team zurechtkommt. Das zeigt sich zumeist erst im Laufe der Zeit. Wer heute noch Mitarbeiter ausschließlich anhand von Lebenslauf und Noten einstellt, riskiert mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fehlbesetzung.
Fachliche Qualifikation entscheidet: Daumen hoch oder runter
Dass die Hard Skills, also die fachlichen Kompetenzen und berufstypischen Qualifikationen in den meisten Fällen auch heute noch das ultimative Entscheidungskriterium für oder gegen einen Kandidaten sind, liegt an der Tatsache, dass sie durch Zeugnisse und Leistungstest objektiv sichtbar gemacht werden können. Für die Unternehmen war und ist es zudem ziemlich einfach, bestimmte Fachkenntnis mit einem Jobprofil zu verbinden und dann durch konkrete Fragen, Szenarien oder Simulationen die Fachkenntnisse und damit die Eignung für die ausgeschriebene Position abzuprüfen. Eine gute Abschlussnote an einer renommierten Universität bzw. einem anerkannten Fortbildungsinstitut oder ein berufsbegleitender MBA einer angesehenen Institution sorgen dafür, dass man bei der Vorauswahl nicht schon durchs Raster fällt. Der erste Blick auf die fachliche Eignung entscheidet heute noch in vielen Fällen darüber, ob der Daumen für den Bewerber gehoben oder gesenkt wird.
Wertschätzung für Nicht-Akademiker und Quereinsteiger nicht sonderlich ausgeprägt
Mit Engagement, Fleiß und selbst angeeignetem Wissen lässt sich hierzulande in den seltensten Fällen Karriere in einem Unternehmen machen. Die Wertschätzung für fleißige und kluge Nichtakademiker oder Quereinsteiger ist in den Unternehmen nicht sonderlich ausgeprägt. Immer noch halten Unternehmen an Abschlüssen als Eignungskriterium für einen Job fest. Wer kein Abitur absolviert hat, kann – mit wenigen Ausnahmen – hierzulande seine Karrierepläne gleich auf Eis legen. Dabei zeigt die Vielzahl der erfolgreichen Unternehmer nicht nur in Deutschland, die die Schule abgebrochen haben oder nie eine Universität von innen gesehen haben, dass es auch ohne Abitur, Master oder Diplom geht. Schöne Beispiele sind hier die beider Schul – und Studienabbrecher Steve Jobs und Bill Gates, die es in großen Unternehmen wohl nie an die Spitze geschafft hätten.
Rollendiskussion im Personalwesen unvermeidlich
Mit der digitalen Transformation und dem damit einhergehenden New Work wird es zwangsläufig zu einer Rollendiskussion im Personalwesen kommen, der wir uns stellen müssen. Lebensläufe und Noten können künftig für die Jobeignung der Kandidaten nicht mehr das einzige Entscheidungskriterium sein. Hard Skills reichen als Conditio sine qua non für ein Anforderungsprofil nicht mehr aus. Vielmehr rücken sogenannte Soft Skills immer stärker in den Focus der Personalarbeit. Dabei handelt es sich um außerfachliche bzw. fachübergreifende Kompetenzen wie persönliche, soziale und methodische Skills. Im Gegensatz zu Hard Skills lassen sich die sozialen und interkulturellen Kompetenzen eines Kandidaten, die oft erst in der Interaktion mit anderen zutage treten, mit herkömmlichen Verfahren nur äußerst schwer überprüfen. Das liegt daran, dass Faktoren wie Belastbarkeit oder Engagement eher im Wesen der bestreffenden Person begründet sind und sich damit althergebrachten Qualifizierungsmaßstäben entziehen.
Zudem sind sich Unternehmen oft selbst nicht sicher, welche Soft Skills überhaupt für die Erfüllung der Aufgaben nötig sind, die dann auch in der Job Description auftauchen sollten. Dabei gehen gerade in unserer digitalen, agilen Arbeitswelt die Anforderungen an die potenziellen Kandidaten deutlich über die rein fachliche Qualifikation hinaus.
Eignungsdiagnostik bietet auf den Einzelfall bezogene Erkenntnisse
Eignungsdiagnostische Tools wie DNLA helfen nicht nur, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Hinblick auf das Anforderungsprofil und auf künftig denkbare Stufen der Fach- oder Führungskarriere definieren zu können. Sie helfen auch dabei, Bewerber und Mitarbeiter bestmöglich zu verstehen, da sie die Soft Skills sichtbar machen können. Sie verschaffen dem Unternehmen einen schnellen Überblick darüber, in welchem Maße außerfachliche Kompetenzen des Kandidaten oder Mitarbeiters ausgeprägt sind. Sie geben auch Aufschluss darüber, ob die betreffende Person z.B. Führungsqualitäten oder Organisationstalent hat, oder ob sie ein Teamplayer oder eher ein Einzelkämpfer ist. Dazu werden exakt auf die jeweilige Position abgestimmte Analyse-Anforderungsprofile eingesetzt. So können klare und auf den Einzelfall bezogene Erkenntnisse gewonnen werden.
Die Mischung macht`s
Aber wie immer im Leben gibt es nicht nur Schwarz und Weiß. Es wäre ein fataler Irrtum, ins genaue Gegenteil zu verfallen und den Soft Skills künftig die Entscheidungshoheit im Bewerbungsprozess zu übertragen. Denn auch Referenzen, Zeugnisse oder das Bewerbungsschreiben können Auskunft über Soft Skills geben. Sticht ein Anschreiben aus der Masse heraus, ist dies ein Zeichen für Kreativität und Ehrgeiz. Ein ehrenamtliches Engagement kann für Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit zur Organisation sprechen. Viele Fort- und Weiterbildungen können einen Hinweis auf Offenheit und Neugierde sein. In dem einen oder anderen Fall spielen die fachlichen Qualifikationen nach wie vor eine entscheidende, wenn nicht sogar ausschlaggebende Rolle. So kann ein Rechtsanwalt nur tätig werden, wenn er das 1. und 2. Staatsexamen vor dem Oberlandesgericht erfolgreich absolviert hat und nachweislich von der Anwaltskammer als Rechtsanwalt zugelassen wurde.
Bei der Einschätzung und Bewertung der Eignung eines Bewerbungskandidaten für die offene Stelle muss in jedem Einzelfall entschieden werden, ob und welche fachlichen Qualifikationen und welche sozialen und persönlichen Kompetenzen der betreffende Job und der jeweilige Kandidat mitbringen muss. Es wird also zukünftig darum gehen, Soft Skills sowie auch Hard Skills auf einer erprobten wissenschaftlichen Basis bewerten zu können. Hierzu müssen entsprechende valide Methoden entwickelt werden, die den permanenten Anpassungen der Anforderungsprofile und Schlüsselkompetenzen an den kontinuierlichen digitalen Wandel und dem daraus resultierenden New Work gerecht werden.