Die Liste der Verhaltenstipps, um Burnout zu verhindern, ist lang: Computer runterfahren, mental abschalten, Sport treiben, Entspannungstechniken lernen, sich gesund ernähren, das Gespräch mit Freunden suchen, Auszeiten nehmen, das Handy abschalten, Hobbys intensivieren, genug und zu regelmäßigen Zeiten schlafen, Multitasking vermeiden, Aufgaben nicht aufschieben.
Gerade wenn Menschen durch zu viele Aufgaben Gefahr laufen, auszubrennen, wenn sie jederzeit für all und jeden hilfsbereit und kompetent zur Stelle sind und damit magisch Aufträge von Menschen anziehen, die es verstehen, geschickt zu delegieren, ist Umdenken angesagt. Eigensinn kann hier eine Maßnahme sein, sich selbst zu schützen.
Eigensinn heißt Selbstwahrnehmung
Eigensinn ist eine Eigenschaft, die bei anderen Menschen meist nicht gut ankommt. Kindern versucht man häufig – wenn auch meist erfolglos - ihren Dickkopf auszutreiben. Dabei ist ein vernünftiges Maß an Eigensinn lebensnotwendig für die seelische Gesundheit, sagt Diplom-Psychologin Ursula Nuber. Sie zitiert den bekannten Psychoanalytiker Erich Fromm: „Seelenstärke ist die Fähigkeit, nein zu sagen, wenn die Welt ja hören will.“ In ihrem neuesten Buch „Eigensinn: Die starke Strategie gegen Burn-out und Depression - für ein selbstbestimmtes Leben“ (Fischer Taschenbuchverlag) betrachtet Ursula Nuber Eigensinn aus einer neuen Perspektive. Sie erklärt, dass Menschen, die zu wenig Eigensinn besitzen, eigene Bedürfnisse und die eigene Sicht der Dinge zu wenig wichtig nehmen und sich daher oft in Situationen wiederfinden, die sie nicht selbst gewählt haben. Sie fühlen sich, als wenn sie nur wie eine Marionette nach dem Willen anderer Menschen funktionieren. Mit solchen Verhaltensmustern ist es schwierig, eine gute Work-Life-Balance zu erreichen.
Guten Gewissens den eigenen Kopf durchsetzen
Ursula Nuber sieht Eigensinn als eine Art „Leibwächter“, der aufpasst, dass ein Mensch sich nicht ausnutzen lässt und seine Interessen und Rechte wahrnimmt. Laut Nuber ist belegt, dass Eigensinn das Immunsystem stärkt und dafür sorgt, dass krankmachende Gefühle wie Resignation, Hilflosigkeit oder Ärger nicht überhandnehmen. Ursula Nuber sagt: „Ein »eigener Kopf« verhindert quälende Grübeleien und Selbstzweifel und bietet damit einen hervorragenden Schutz vor Stresserkrankungen wie Burn-out und Depression“. Ein interessanter Denkanstoß, um sich selbst zu hinterfragen und an der ein oder anderen Stelle guten Gewissens „den eigenen Kopf durchzusetzen“.
Bild: AzmanL, 2017