Die Persönlichkeit von Bewerbern ist relevant für Berufserfolg und Zufriedenheit mit dem Job. Fundierte Methoden machen die berufsbezogene Persönlichkeit messbar und Bewerber dadurch objektiv vergleichbarer. Häufig wird die Persönlichkeit in Auswahlverfahren jedoch zu wenig einbezogen. Erschwerend kommt hinzu, dass es neben den wissenschaftlich fundierten Methoden auch solche ohne wissenschaftliche Basis gibt. Hier erfahren Sie, warum die Erfassung von Persönlichkeit in Auswahlprozessen wichtig ist, wie Sie gute Tests erkennen können und wie Sie dadurch Ihre Personalauswahl effektiver gestalten.
Persönlichkeitstest bieten einen Mehrwert für die Personalauswahl
Im beruflichen Kontext spielt die Erfassung von Persönlichkeit immer noch kaum eine Rolle (Hossiep & Mühlhaus, 2015). Dabei ist schon seit vielen Jahren belegt, dass der Einsatz von Persönlichkeitstests den Personalauswahlprozess verbessert (Schmidt & Hunter, 1998). So steht die Persönlichkeit im Zusammenhang zu entscheidenden Kriterien wie Berufswahl, Berufsleistung oder auch Zufriedenheit (Ozer & Benet-Martínez, 2006). Konkret gibt es zum Beispiel einen Zusammenhang zwischen der Persönlichkeitsdimension Extraversion und unternehmerischen Interessen (Barrick, Mount & Gupta, 2003), Gewissenhaftigkeit steht im Zusammenhang mit Berufsleistung, und Verträglichkeit ist vor allem dann relevant, wenn Teamwork im Vordergrund steht (Barrick, Mount & Judge, 2001). Zusammenfassend geben die Wirtschaftspsychologen Professor Muck und Dr. Wesche (2014) den Hinweis, dass die konkrete Auswahl der relevanten Persönlichkeitseigenschaften abhängig von der Ziel-Position sein sollte. Außerdem ist zu beachten, dass nicht jeder Persönlichkeitstest der richtige für Sie ist. Wie finden Sie den Test, der zu Ihnen passt und woran erkennt man ein fundiertes Verfahren? Hier erhalten Sie eine Checkliste:
7-Stufen-Guide zur Auswahl eines Persönlichkeitstests
1. Achten Sie auf die Passung des Tests zu Ihrer Zielgruppe
Schlechte Auswahlprozesse können in der Wahl von Mitarbeitern münden, die nur kurz im Betrieb bleiben oder der Produktivität sogar schaden. Um dies zu vermeiden, sollte die Personalauswahl genau die Richtigen für die zu besetzende Stelle finden. Um die besten Bewerber auszuwählen, bedarf es einer Passung zwischen dem eingesetzten Auswahl-Verfahren und den Anforderungen an die zu besetzende Position (Kanning, 2014). Ansonsten setzen Sie Zeit und Geld ein, um etwas zu erfassen, das nicht von Relevanz für Sie ist. Beispielsweise könnte Kontaktfreude relevant für eine Position bei Ihnen im Vertrieb sein, sie ist jedoch nicht von allgemeiner Relevanz für die Personalauswahl. Beim Einsatz von Persönlichkeitstests bedarf es entsprechend einer Passung zu den konkreten Anforderungen der jeweiligen Position (Kanning, 2014). Welche Anforderungen das sind, können Sie anhand einer Anforderungsanalyse (mehr dazu hier) beantworten. Entweder führen Sie diese selbst durch oder in Begleitung eines erfahrenen Beraters.
2. Verwenden Sie einen Test spezifisch für den beruflichen Kontext
Ist der Bezug zum beruflichen Kontext durch den Persönlichkeitstest gegeben? Persönlichkeitstests im beruflichen Kontext sind speziell auf die Bedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten. Sie machen soziale Kompetenzen, wie Kontaktfreude oder Kommunikationsvermögen, und unternehmerische Kompetenzen, wie Eigeninitiative, Sorgfalt und Integrität, für Personaler mess- und vor allem vergleichbar (mehr dazu hier). Intime Fragen oder auch Fragen, die keinen Bezug zum Beruf haben, sind hier fehl am Platz. Jedoch muss nicht jede Frage explizit den beruflichen Kontext nennen. Wichtig ist, dass sie eine Persönlichkeitseigenschaft erfasst, die von Relevanz für die Ausübung des Berufs ist.
3. Nutzen Sie Verfahren, die einen Mehrwert bieten
Persönlichkeit wird durch verschiedene Tests, Interviews oder aktuell auch durch Sprachanalysen erfasst. Von Sprachanalysen ist jedoch derzeit abzuraten. In einem sehr informativen Video hat der Wirtschaftspsychologie-Professor Kanning die konkreten Gründe dazu aufgeführt. Um es kurz zu halten: Sprachanalyse kann Unterschiede aufdecken, jedoch sind diese so gering, dass darauf basierend keine Entscheidungen gefällt werden sollten. So kann zum Beispiel durch die Verwendung des Wortes „ich“ vorausgesagt werden, wie offen jemand ist. Dies jedoch nur zu knapp 3%. Setzen Sie alleine auf die Sprachanalyse, wissen Sie über 3% der Offenheit einer Person Bescheid, 97% bleiben jedoch im Dunkeln. Zusätzlich wird Sprache durch vielfache Faktoren wie z.B. Stress, die aktuelle Stimmung oder auch die Absicht des Sprechers beeinflusst. Bis die Technik besser geworden ist, macht es deswegen Sinn, keine Sprachanalysen und stattdessen bewährte und validierte Verfahren, wie Persönlichkeitstests, einzusetzen, die einen Mehrwert leisten.
4. Achten Sie auf die 3 wichtigsten Qualitätskriterien von Verfahren
Um herauszufinden, welche Verfahren Sie am besten einsetzen, gibt es bestimmte Qualitätskriterien, die ein Verfahren erfüllen muss:
- Es muss objektiv, also nicht abhängig von bestimmten Stimmungen etc. sein.
- Es sollte genau in der Messung sein.
- Es sollte das erfassen, wofür es eingesetzt werden soll.
Fragen Sie dazu den Anbieter, von dem Sie ein Verfahren beziehen möchten. Vielleicht klingt das zuerst kompliziert, in der Realität ist es das aber nicht. Es geht nur darum: Hält das Verfahren das, was es verspricht? Gibt es zum Beispiel Studien, die aufzeigen, dass das entsprechende Verfahren tatsächlich Arbeitsleistung oder Zufriedenheit am Arbeitsplatz voraussagen kann? Wie hoch ist dieser Effekt? Wie wurde es entwickelt? Was ist die wissenschaftliche Grundlage? So erhalten Sie eine fundierte Entscheidungsgrundlage. Beispielhafte Informationen finden Sie zum Beispiel hier .
5. Fragen Sie kritisch nach, was hinter einem Marketingauftritt steht
Die Experten im Bereich der Eignungsdiagnostik Dr. Hossiep und sein Kollege Mühlhaus (2015) weisen darauf hin, dass wenig elaborierte Verfahren häufig sehr professionell vermarktet werden, wohingegen wissenschaftlich fundierte Verfahren oftmals wenig Werbung verwenden.
6. Wählen Sie Ihren Ansprechpartner mit Bedacht
Achten Sie darauf, dass Sie vor Ort einen Ansprechpartner haben, der sich auskennt und erfahren ist. Dieser Ansprechpartner sollte Sie begleiten und Ihre Fragen beantworten können. Außerdem sollte Ihr Ansprechpartner genau über die Entwicklung des Verfahrens Bescheid wissen. Weitere gute Anhaltspunkte sind die fachliche Ausbildung Ihres Ansprechpartners und wie er auf Nachfragen reagiert.
7. Nutzen Sie die DIN33430 als Orientierung dafür, was qualitativ hochwertig entwickelt wurde
Hilfreich bei Ihrer Entscheidung ist auch eine Überprüfung, ob Ihr Ansprechpartner DIN 33430 zertifiziert ist und entsprechend qualitativ hochwertige Eignungsdiagnostik durchführen kann.
Quellen:
Barrick, M. R., Mount, M. K., & Gupta, R. (2003). Meta‐analysis of the relationship between the five‐factor model of personality and Holland's occupational types. Personnel psychology, 56, 45-74.
Barrick, M. R., Mount, M. K., & Judge, T. A. (2001). Personality and performance at the beginning of the new millennium: What do we know and where do we go next?. International Journal of Selection and Assessment, 9, 9-30.
Hossiep, R. & Mühlhaus, O. (2015). Personalauswahl und -entwicklung mit Persönlichkeitstests (2. Auflage). Göttingen: Hogrefe.
Kanning, U. P. (2014).Führungskräfteauswahl zwischen Anspruch und Wirklichkeit. In P. Mehlich, T. Brandenburg & M. T. Thielsch (Hrsg.), Praxis der Wirtschaftspsychologie III: Themen und Fallbeispiele für Studium und Anwendung (S. 337-352). Münster: MV Wissenschaft.
Kanning, U. P. (2018). Was verrät die Sprache über einen Menschen? Verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=t3xTmqd26bo [27.09.2018].
Muck, P. M. & Wesche, J. S. (2014). Persönlichkeit und berufsbezogenes Sozialverhalten. In H. Schuler & U. P. Kanning (Hrsg.), Lehrbuch der Personalpsychologie (3. Aufl., S. 889-931). Göttingen: Hogrefe.
Ozer, D. J., & Benet-Martínez, V. (2006). Personality and the prediction of consequential outcomes. Annual Review of Psychology, 57, 401-421.
Schmidt, F. L., & Hunter, J. E. (1998). The validity and utility of selection methods in personnel psychology: Practical and theoretical implications of 85 years of research findings. Psychological bulletin, 124, 262.