Die Tatsache, dass unsere Gesellschaft zunehmend älter wird und dem Arbeitsmarkt stets weniger Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen, stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen. Das jenen auch zukünftig noch fitte und gesunde Beschäftigte zur Verfügung stehen, wird zunehmend wichtiger. Erfolgsfaktor ist dabei vor allem die Umsetzung eines alter(n)sgerechten Arbeitsplatzes, der die individuelle Betrachtung des einzelnen Beschäftigten und gleichzeitig ein gesundes Altern am Arbeitsplatz ermöglicht. Im folgenden Artikel wird erläutert, was bei der Umsetzung eines alter(n)sgerechten Arbeitsplatzes zu beachten ist.
Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0
Schon jetzt beeinflussen gesellschaftliche Entwicklungen die Arbeitswelt. Unternehmen stehen nicht nur vor der Herausforderung eine zunehmende Vielfalt der Beschäftigten zu managen, sondern ebenso müssen sie sich auch auf eine alternde Belegschaft einstellen. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2030 nur noch 44 bis 45 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter sein, wohingegen es im Jahr 2013 noch 49,2 Millionen waren. Weitere 30 Jahre und die Zahl soll, Prognosen zufolge, sogar auf 38 Millionen Menschen sinken. Wie also schaffen es Unternehmen, diesem demografischen Wandel zu begegnen und ihre Arbeitnehmer fit und gesund, auch bis ins hohe Alter, zu halten?
Im Alter verschieben sich die Kompetenzen der Beschäftigten
Der Glaube, dass das Leben im Alter nur noch von Verlusten geprägt ist, trifft nur für vereinzelte Lebens- und Funktionsbereiche in gewissem Maße zu. Da sich zwar einige Bereiche mit zunehmendem Alter verschlechtern, andere sich wiederum aber verbessern bzw. nahezu unberührt vom Altern bleiben, kann hier eher von einer Verlagerung der Kompetenzen mit dem Alter gesprochen werden. Aktuelle Forschung zeigt, dass vor allem im Bereich der körperlichen Leistungsfähigkeit (z.B. reine Muskelkraft, Sinneswahrnehmungen) und im Lösen neuartiger Probleme unter Zeitdruck, eher von einer Abnahme im Alter auszugehen ist.
Positiv entwickeln sich hingegen im Laufe der Arbeits- und Lebensjahre das eigene Fach- und Erfahrungswissen. Auch der Umgang mit Emotionen verbessert sich und soziale Kompetenzen steigen mit dem Alter. Ebenso bleibt die allgemeine Arbeitsleistung, die mentale Gesundheit sowie Kreativität, Problemlösekompetenz und allgemeines Faktenwissen nahezu unberührt vom Altern. Dennoch ist Altern ein Prozess, der sehr individuell abläuft und wie es den Beschäftigten wirklich geht, wird auch von der eigenen Einstellung zum Alter und zum Altern, beeinflusst. So zeigt eine Studie aus dem Jahr 2009, dass Personen mit einer grundsätzlich positiven Einstellung zum Altern in Kognitionstests und Sportaufgaben besser abschnitten als Personen mit einer negativen Einstellung dazu.
Gesundes „Altern“ am Arbeitsplatz
Um den genannten Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, müssen Unternehmen ihren Beschäftigten einen alter(n)sgerechten Arbeitsplatz schaffen. Zwei Punkte sollten bei der Umsetzung beachtet werden:
(1) Ältere Arbeitnehmer müssen auf die richtige Weise gefordert und gefördert werden
(2) Maßnahmen sollten sich nicht nur auf das altersgerechte Arbeiten, sondern auch auf den alternsgerechten Ansatz konzentrieren
Auftretende negative Entwicklungen können durchaus durch andere Kompetenzen kompensiert werden, allerdings müssen dazu besonders bei älteren Arbeitnehmern individuelle Kompetenzen, Einschränkungen und Bedürfnisse wahrgenommen und berücksichtigt werden. Dazu sollten Unternehmen neben dem altersgerechten auch das alternsgerechte Arbeiten stärker fokussieren.
Als altersgerechte Arbeit definiert man eine Anpassung der Arbeitsverhältnisse an die unterschiedlichen Altersklassen und unterschiedlichen Lebenslagen der Beschäftigten. Maßnahmen, die den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der verschiedenen Beschäftigtengruppen entsprechen (z.B. Möglichkeit der mobilen Arbeit, eines Sabbaticals, Kinderbetreuung für jüngere Beschäftigte vs. bestimmte Sportangebote etc. für ältere Beschäftigte) haben viele Unternehmen heutzutage schon eingeleitet. Der Ansatz des alternsgerechten Arbeitens fordert allerdings darüber hinaus die Begleitung der Beschäftigten während ihrer gesamten „Amtszeit“, also während des Alterns, um präventiv eine gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeit möglich zu machen. Der Beschäftigte soll sich als 30-Jähriger nicht fragen müssen, ob er bei einer solch hohen Arbeitsbelastung seine Arbeit weitere 30 Jahre gesund bewältigen kann. Die Umsetzung eines alternsgerechten Arbeitsplatzes verlangt also eine langfristige Perspektive in der Gestaltung des Arbeitsplatzes und geht somit weit über vereinzelte, „symptomlindernde“ Maßnahmen hinaus.
Was kann das Unternehmen tun?
Als alternsgerecht kann ein Arbeitsplatz dann bezeichnet werden, wenn er grundlegende Prinzipien der gesunden Arbeitsplatzgestaltung umsetzt, wie zum Beispiel :
• Arbeitsaufgabe: z.B. Handlungsspielräume ermöglichen
• Arbeitsorganisation: z.B. Arbeitszeiten, Pausen, Schichtarbeit gesundheitsförderlich gestalten; hohe Arbeitsintensitäten über lange Zeiträume verringern
• Soziale Beziehungen: z.B. Möglichkeiten der sozialen Interaktion und Unterstützung von Beschäftigten und Vorgesetzten fördern
• Arbeitsumgebung: z.B. Ergonomie, Anpassung auf visuelle und auditive Gegebenheiten
Wo es im Bereich der Arbeitsplatzgestaltung noch Verbesserungsbedarf gibt, sollte regelmäßig im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung physischer und psychischer Belastungen ermittelt werden und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Darüber hinaus sollte das Unternehmen das Potenzial älterer Arbeitnehmer nutzen und richtig einsetzen. Zum Beispiel sollten ältere Beschäftigte Aufgaben ausführen, bei denen sie ihr Erfahrungswissen nutzbringend einsetzen können (z.B. Projekte mit langjährigen Kunden). Solche Aufgaben sind anderen, die schnelle (eventuell auch körperlich anstrengende) Reaktionen auf neuartige Probleme erfordern (z.B. erste Anlaufstelle im Krisenmanagement), vorzuziehen. Gleichzeitig bedeutet das aber nicht, dass das kognitive Anspruchsniveau der Arbeitsaufgaben gesenkt werden muss. Eine individuelle Betrachtung der Beschäftigten ist dabei besonders wichtig. Zur individuellen alternsgerechten Gestaltung der Arbeitsaufgaben kann auch beispielsweise das SOK-Modell herangezogen werden. Das Modell empfiehlt, dass sich der Beschäftigte spezifische Aufgaben seiner bisherigen Tätigkeit aussucht (Selektion), sich auf diese konzentriert und sich mit ihnen intensiver auseinandersetzt (Optimierung), um dann bestimmte Strategien entwickeln zu können, die die effektive Ausführung dieser Aufgaben gewährleisten und vermeintlich auftretende Verluste kompensieren (Kompensation).
Fazit
In Anbetracht der demografischen Entwicklung wird die Gestaltung eines alter(n)sgerechten Arbeitsplatzes zunehmend relevanter für Unternehmen. Um dem globalen Wettbewerb Stand zu halten, müssen Unternehmen ihre Beschäftigten aktiv dabei unterstützen, über die Lebensspanne hinweg gesund zu bleiben und ältere Beschäftigte individuell gemäß ihrer Fähigkeiten fordern und fördern.