Personalauswahl: Forschungsergebnisse favorisieren die Kombination von Testverfahren und Instrumenten
Auch die Personalauswahl ist eine Investitionsentscheidung. In 70 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen wird diese Entscheidung oftmals ohne wirklich fundierte Erkenntnisse über den jeweiligen Bewerber getroffen. Um den richtigen Bewerber herauszufiltern, werden oftmals unstrukturierte Interviews im Rahmen von unternehmensspezifischen Potenzialanalysen oder zum Beispiel Intelligenztests genutzt. Laut Forschungsstand stellen diese Informationen aber keineswegs ausreichende Kriterien dar, um eine Vorhersage des beruflichen Erfolgs eines Kandidaten in einem Unternehmen zu treffen.
Personalpsychologie: Studien weisen auf Kombinationsmöglichkeiten hin
Zwar hält gerade die Personalpsychologie bei der Personalauswahl zahlreiche Modelle mit aktuellem Forschungsbezug bereit, um entsprechende Personalentscheidungen sicherer zu gestalten. Aber die Unternehmen nutzen diese kaum. Vorherrschend sind immer noch der typische Blick in den Lebenslauf, wissenschaftlich nicht fundierte Typentests oder die Plauderei ohne spezifizierten Leitfaden. Zumeist wird die Persönlichkeit dabei quasi in Farben eingeteilt und der Charakter eines Bewerbers kategorisiert. Die Forschung ist hier allerdings schon einen Schritt weiter. Entsprechende Studien weisen hier vor allem auf verschiedene Testkombinationen hin, die eindeutig die Validität eines Tests bzw. einer Eignungsdiagnostik erhöht.
Forschung hat über 30 Merkmale für die Leistungs- und Eignungsdiagnostik identifiziert
Wenn Sie die Forschungsergebnisse und auch die jeweilige Forschungsmethodik explizit unter die Lupe nehmen, wird schnell klar, dass gerade die Meta-Analysen als Grundlage von Maßnahmenkonzeptionierungen für die Eignungsdiagnostik respektive für die Personalpsychologie herangezogen werden. Hierbei handelt es sich um Zusammenfassungen mehrerer Einzelstudien. Durch das Einbeziehen mehrerer Sichtweisen und unterschiedlicher Forschungsansätze können dann Ergebnisse generiert werden, die ein Spektrum weitaus detaillierter und vielschichtiger abbilden. Diese Fokussierung auf die Meta-Analysen wird vor allem erfolgreich bei der Vorhersage von Leistungen im Beruf genutzt. Denn hier spielen verschiedene Perspektiven, Themenspezifikationen sowie eben die unterschiedlichen Forschungsansätze eine dominante Rolle. So hat die Forschung mittlerweile über 30 Instrumente und Merkmale identifiziert - wie zum Beispiel das persönliche Potenzial - mittels derer die Leistung in einem Unternehmen bzw. im Beruf prognostiziert werden können.
Kombinierte Ansätze erzeugen eine prädiktive Validität
In diesem Kontext sind die jeweiligen Forscher auch zu dem Schluss gekommen, dass gerade kombinierte Ansätze zu einer prädiktiven Validität führen. Auf die Leistungsperformance eines Bewerbers oder auch eines langjährigen Mitarbeiters bezogen, bedeutet dies, dass sowohl die Test- als auch die Ergebnisqualität stark zugenommen hat. Im aktuellen Forschungsstadium zur gezielten Personalauswahl umfasst die grundsätzliche Eignungsdiagnostik daher mehrere, zumeist kombinierte Segmente. Wird im Rahmen einer von einem Unternehmen durchgeführten Eignungsdiagnostik dabei die allgemeine Intelligenz in den Mittelpunkt der Überprüfungen gestellt, ist dies laut der aktuellen Forschungsergebnisse keineswegs ausreichend. Letztendlich wird dabei lediglich ein Teilausschnitt skizziert. Stattdessen haben die diesbezüglichen Forschungen ergeben, dass eine Eignungsdiagnostik der allgemeinen Intelligenz - zum Beispiel von Bewerbern um eine vakante Stelle - am besten immer gleichzeitig mit anderen Instrumenten zur so bezeichneten Potenzialdiagnose durchgeführt und dabei kombiniert werden sollte.
Kombination von verschiedenen Instrumenten als wesentlicher Bestandteil der Forschung
Zu einem wesentlichen Bestandteil der Forschung im Hinblick auf die Personalauswahl ist daher dann auch die Kombination von verschiedenen Instrumenten geworden. Gerade was die Vorhersage berufsbezogener Leistungen angeht, können Sie diesbezüglich grundsätzlich von einer explizit hohen Validität ausgehen. Die diesbezüglich besten Ergebnisse lassen sich dabei durch die Kombination von Intelligenz- und Integritätstests erzielen. Laut den involvierten Forschern und themenspezifischen Studien lassen sich immerhin über 60 Prozent der zu erwartenden Leistung eines Bewerbers durch den Einsatz respektive durch die kombinierten Resultate beider Instrumente prognostizieren. Dies ist ein Prozentsatz, der bei der Personalauswahl einen entscheidenden Faktor darstellen kann. Noch mehr positive Brisanz erhält dieses Forschungsergebnis dadurch, dass eine weitere Kombination aus zwei verschiedenen Testverfahren ebenfalls eine Leistungsprognose erlaubt, deren Validität knapp 58 Prozent beträgt. Denn explizite Forschungen haben ergeben, dass auch eine Kombination aus Intelligenztest und einem gut strukturierten Interview für die Eignungsdiagnostik bzw. die Leistungsprognose einen wesentlichen Faktor darstellt.
Leistungsperformance wird anhand von Persönlichkeitsmerkmalen prognostiziert
Interessant ist in diesem Kontext auch, dass die jeweiligen Forschungsergebnisse sowohl auf Bewerber mit Potential bzw. auf Einstiegspositionen als aber auch auf bereits Berufserfahrene anwendbar sind. Große Unterscheidungsmerkmale sind hier in der Tat nicht zu identifizieren. Aufgrund des Forschungsstandes ist aber klar festzustellen, das bei Bewerbern bzw. Kandidaten und Berufserfahrenen die Persönlichkeitsmerkmale weit in den Vordergrund gerückt sind. So werden in Studien und Analysen zur Eignungsdiagnostik immer wieder die Persönlichkeitsmerkmale als Untersuchungsgegenstand in das Zentrum von Forschung und entsprechenden Tests in den Vordergrund gestellt. Nach den aktuellen Erkenntnissen, die sich aus Meta-Analysen und auch Einzelstudien rekapitulieren lassen, lässt sich dabei am ehesten die Gewissenhaftigkeit des jeweiligen Protagonisten vorhersagen. Die Forscher beziffern diesbezüglich die Prognosequote mit fünf Prozent. Im Hinblick auf die Validität bildet der Themenpunkt "Offenheit für neue Erfahrungen" das Schlusslicht: Lediglich 0,5 Prozent der Leistung kann hier vorhergesagt werden.
Erkenntnisse zur Eignungsdiagnostik finden nicht den Weg in die Öffentlichkeit
Allerdings ist es auffällig, dass es zu einer mangelnden Übertragung von Forschungsergebnissen bzw. -befunden in die tagtägliche Praxis kommt; hierfür sich gleich mehrere Gründe verantwortlich. Zum einen hat sich nämlich quasi eine akademische Parallelwelt jenseits der Praxis respektive fernab von praktischen Notwendigkeiten entwickelt. So hat sich diese akademische Parallelwelt einen eigenen, für Außenstehende oftmals nur schwer verständlichen Sprachstil angeeignet; zudem werden Verbreitungsmedien oder auch Fach-Communities gewählt, die zwar fachspezifische Kompetenz besitzen, aber von der Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen werden. Ein ähnlich gelagertes Phänomen ist auch in der Hochschullehre zu beobachten. Hier werden vorzugsweise Grundlagenthemen priorisiert, aber aktuelle Erkenntnisse rund um die Eignungsdiagnostik oder auch die Personalpsychologie vernachlässigt behandelt. Der Personalmanagementnachwuchs wird durch diese Lehrmethodik aber keinesfalls auf konkrete Anwendungsfälle bezüglich der richtigen Personalauswahl vorbereitet, da die Forschungsbefunde nicht zu einem zentralen Thema erhoben werden.
Methodische Finessen werden gegenüber monetären Zielen zurückgestellt
Aber auch die Personalpraktiker verschließen sich oftmals der Forschung. In vielen Fällen assoziieren diese nämlich Forschungsansätze mit einem schwer nachvollziehbaren Nutzen, einer geringen Akzeptanz im eigenen Unternehmen und nicht zuletzt mit einem erhöhten Aufwand. Hinzu kommt, dass der monetäre sowie personelle Nutzen von entsprechenden Maßnahmen, die sich aus den Forschungsergebnissen ableiten, gegenüber dem Vorstand bzw. der Geschäftsleitung von den Forschern und Personalverantwortlichen kaum einmal klar argumentiert werden können. Zudem stehen den wissenschaftlich fundierten Ansätzen der Diagnostik sowie der Personalpsychologie in den Unternehmen oftmals geringe Budgets, ein hoher Projektdruck und auch Themen, denen eine weitaus höhere Priorität eingeräumt wird, gegenüber. Erkenntnisse zur Eignungsdiagnostik oder auch zur Personalpsychologie werden dabei zu oft an ihrem unmittelbaren Nutzen und den anfallenden Kosten gemessen; die methodische Finesse bleibt hingegen unberücksichtigt.