Talentmanagement beschäftigt sich mit der Suche, Identifikation, Entwicklungsförderung und Bindung von Menschen mit Potenzial für funktionsabhängige Wertschöpfungskompetenz im spezifischen Unternehmen. Dabei erfasst das Talentmanagement alle Mitarbeiter eines Unternehmens. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Kompetenz-Elite, die den aktuellen Bedarf an operativem Können garantiert. Kompetenzeliten sind rar und erfahrungsgemäß nur im Bereich von 7,5 bis 10 % in einem Unternehmen vorhanden. Die Kompetenzelite ist das strategische Personal eines Unternehmens.
Die Ausgangslage für ein Talentmanagementverständnis
Unternehmen sind eigenständige Persönlichkeiten mit spezifisch zu beachtenden Kulturen (Grundsätzliches Wertesystem). Die Kultur und Mentalität eines Bauunternehmens z.B. ist aber nicht identisch oder vergleichbar mit der Kultur und Mentalität eines Forschungsinstituts. Diese Kulturen und Mentalitäten (geschützte Wertesysteme) sind fundamental und überdauernd. Sie sind identitäts- und sinnstiftend für alle Menschen in einem Unternehmen. Menschen, die diese Werte selbst haben und damit permanent erfüllt sehen wollen, werden eher eine (dauerhafte) Bindung an das Unternehmen wollen - aber auch Bindungsanreize einfordern.
Stabilität und Instabilität von Mensch und Unternehmen
Menschen sind, wie übrigens auch Unternehmen, in gewissen Teilen stabil und instabil. Menschen haben angeborene Motive, stabile (gelernte) Werte, grundlegende Begabungen und Talente und verfügen über eine messbare kognitive Intelligenz. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten, können sich Menschen zusätzliches und neues Wissen aneignen. Wissen, das sich nicht oder nur schwer mit ihrer Motiv-, Werte,- Talente- und Intelligenzstruktur verbinden lässt, wird nicht dauerhaft kompetenzorientiert vermittelbar sein. Der Mensch kann eben nicht "aus seiner Haut", wie der Volksmund sagt. Unternehmen haben auch "fixe" und "variable" gestaltbare Fach- oder Funktionsgebiete. Diese zu identifizieren und mit den Anlagen und Potenzialen des Menschen zu verknüpfen ist oberste diagnostische Devise im Talentmanagement!
Paradigmenwechsel: Wer sucht wen?
Mit der verbesserten Bildung und Ausbildung, verbunden mit der individualisierten Erziehung und Entwicklung des Menschen, werden Menschen unterschiedlicher Herkunft und Bildung sich "Ihren" Arbeitgeber und Arbeitsplatz suchen. Die langfristige Bindung eines Menschen an "sein" Unternehmen, wird in der Tendenz allerdings die Ausnahme werden.
Kritische Erfolgsfaktoren
1. Ersteinstellung
Ob junge Menschen für eine betriebliche Ausbildung oder junge Hochschulabsolventen für eine erste berufliche Tätigkeit infrage kommen, sollte schon zum Zeitpunkt der Einstellung anhand ihres Talents erkannt werden. Langjährige Erfahrung in Diagnose und Förderung von Menschen sowie deren erkennbaren Folgen für den beruflichen Erfolg und der die persönlichen Befriedigung in der Tätigkeit, zeigen, dass die Art und Weise des Umgangs mit Fachinhalten viel entscheidender und prägender im Berufsleben ist als das bloße abrufbare und verfügbare Wissen.
Das Unternehmen und der jeweilige Mensch, die ihre Motiv-, Werte,- Talente- und Intelligenzstruktur kennen, akzeptieren und sich dazu bekennen, haben einen langfristigen strategischen Vorteil in der Identifikation von benötigten Potenzialen. Die Motiv-, Werte,- T alente und Inte lligenzstruktur ist entscheidend w eniger veränderbar als die Wissensbestände aus dem fachlich-methodischen, sozio-kulturellen und dem jeweiligen Branchenbereich - und sollten daher im Sinne einer nachhaltigen, potenzialorientierten Personalauswahl grundsätzlich berücksichtigt werden.
2. Führungskräfte
Menschen kommen zu einem Unternehmen und verlassen es auch wieder wegen ihrer Führungskräfte. Das Beurteilungssystem für Führungskräfte muss darum zwingend die fördernde Zugewandtheit von der Führungskraft zu ihren direkt zugeordneten Mitarbeitern sichern - mit entsprechenden finanziellen und karriereorientierten Folgen. Ein Talentmanagement, das nicht von den jeweiligen Führungskräften unterstützt wird, ist im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Überspitzt formuliert: Rausgeschmissenes Geld. Fragen Sie sich: Ist die Führungskultur des Unternehmens systematisch werteorientiert?
3. Beförderung
Die erste Beförderung - egal ob es um anspruchsvollere Fach- und Sachaufgaben geht oder die erste Übernahme einer Führungsaufgabe (Gruppen-, Team- oder Projektleitung) entlässt den einzelnen Mitarbeiter in das Rampenlicht der jeweiligen Öffentlichkeit, mit allen seinen Ansprüchen und aller Beteiligten. Zugleich signalisiert die erste Beförderung in der Regel einen zukünftigen Entwicklungs- oder Karriereweg für den Mitarbeiter, der damit "Zukunftshoffnungen" entwickelt. Die falsche Wahl des Unternehmens und die falsche Entscheidung durch den Mitarbeiter führt oft dann zu einer "Brandmarkung" des Mitarbeiters. In der ersten Beförderung liegt das größte Potenzial für zukünftige Misserfolge.
4. Verlierer-Konzept
Sowohl die operativen Mitarbeiter als auch die Führungskräfte, die nicht bei entsprechenden Entwicklungen berücksichtigt werden oder berücksichtig werden können, sind weiterhin wertvolle Mitarbeiter des Unternehmens. Sie bei der "Stange zu halten" ist genauso wichtig, wie die "Auserkorenen" in der neuen Aufgabe zu stabilisieren.
5. Beurteilungs- und Entwicklungskonzept
Diagnostisch und strukturell konzipierte Beurteilungs- und Entwicklungsgespräche sollten von den Linienführungskräften nicht nur beherrscht, sondern auch jährlich angewendet werden. Eine entsprechende Unterstützung, Hilfestellung aber auch Einforderung durch das Talentmanagement ist zwingend erforderlich.
6. Wanderjahre des Nachwuchses
Talente fördern bedeutet auch Talente fordern. Sachbearbeiter wie auch junge Führungskräfte sollten in einigen unterschiedlichen Positionen oder Sachgebieten gearbeitet haben, bevor sie in "höherwertige" Positionen gehievt werden. Wer ein strategisches Aufgabengebiet verantwortet, sollte die operative Ebene aus eigener Erfahrung gut und differenziert kennen, weil sonst eine identitätsstiftende und respektvolle Mitarbeiterführung eher nicht gelingt.
7. Paten- und Mentorenkonzept
Talente sollten für ihre Tätigkeit von ausgebildeten Paten oder Mentoren begleitet werden. Die Paten bzw. Mentoren sollten in anderen Fachbereichen als ihre Betreuten arbeiten/eingesetzt sein.
8. Führungs- versus Fachlaufbahn
Diese Unterscheidung ist fachlich nicht zu rechtfertigen und ist nichts anderes als Bekenntnis zu einem Zweiklassensystem der Kompetenz. Sowohl in der Fachlaufbahn als auch im üblichen Arbeitskontext bedarf es der Fachkräfte und Führungskräfte. Eine Führungskraft nur an ihrer Disziplinargewalt zu definieren ist unter dem Gesichtspunkt des Führungsverständnisses falsch, denn Führungskräfte sollen nicht über ihre Disziplinargewalt führen, sondern durch ihre Persönlichkeit und ihr Fachwissen.
9. Langlebigkeit der strategischen Führungskräfte
Geschäftsführer, Vorstände, Bereichsleiter sollten maximal 10 Jahre in Ihrer Position verbleiben, da sonst mit einer Verkrustung der thematischen Bearbeitung von Märkten und Strukturen in diesem Arbeitsgebiet zu rechnen ist.
Fazit
Talentmanagement ist das Management von innerbetrieblicher Fluktuation, um fachlichen und persönlichen Stillstand zu vermeiden - zum Wohl des Einzelnen und zum Wohl des Unternehmens. Dies fördert und fordert die Menschen im Unternehmen, die zukunftsgewand Wertschöpfung für "ihren" Kunden im oder außerhalb des Unternehmens erbringen wollen. Talentmanagement ist der entscheidende Beitrag zur lernenden und damit sich wandelnden Organisation und basiert auf dem zentralen Wert "Freiwilligkeit". Talent-Management-Software ermöglicht Unternehmen Personalentwicklungsmaßnahme effizient vorzubereiten, zu managen, zu analysieren und zu dokumentieren.
Bild: gradyreese @iStock.com