Bis 2030 werden in Deutschland rund 6,1 Millionen Arbeitskräfte fehlen, - wenn wir nicht gegensteuern. Dies ist das Ergebnis einer internationalen Untersuchung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group, die angibt, welche Erwartungen junge, gut ausgebildete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen heute an ihren Arbeitgeber haben.
Die Erwartungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an ihren Arbeitgeber
Auf den Plätzen 1 – 4 für einen attraktiven Arbeitgeber finden sich laut Untersuchung folgende Faktoren:
- 60% der Befragten kommt es in erster Linie auf die Wertschätzung an, die ihnen im Unternehmen entgegengebracht wird.
- Gutes Klima unter den Kolleginnen und Kollegen
- Eine gute Work-Life Balance und
- Eine gute Arbeitsbeziehung zu den Vorgesetzten.
Das „hohe garantierte Einkommen“ kommt erst auf Platz 8!
Entscheidend wird also sein, eine Strategie zu finden, die eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung und des Beziehungsaufbaus im Unternehmen fördert.
Was können Unternehmen tun?
Um diesem Trend entgegen zu steuern, gibt es verschiedene Hebel. Ein ganz zentraler ist die Personalbildungsstrategie. Jede Firma muss sich fragen: Wie kann ich eine Kultur schaffen, die bewirkt, dass der Mitarbeiter bleiben will?
Die drei Komponenten für „Zufriedenheit“
Um unter den neuen Bedingungen zur Zufriedenheit (zurück) zu finden, braucht es keine neuen Theorien. Die psychischen Bedürfnisse als Grundlage der Zufriedenheit sind nach wie vor die alten:
- Ein Gefühl der Klarheit („Ich verstehe, was passiert“)
- Ein Gefühl der Kontrolle („Ich habe das Gefühl, dass ich die Anforderungen bewältigen kann“) und
- Ein Gefühl der Bedeutsamkeit („Ich habe das Gefühl, dass sich mein Einsatz lohnt“).
Das Gefühl der Bedeutsamkeit stärken
Das komplexe Gefühl der Bedeutsamkeit macht sich praktisch fest an der Frage: Lohnt sich mein Einsatz?
Die Antwort wird täglich im Arbeitsalltag „er-fühlt“. Es ist die Resonanz die wir mit unserem (Führungs-)Verhalten und unserem Einsatz im Job erzeugen. Je intensiver und positiver diese ist, desto stärker ist das Gefühl der Bedeutsamkeit.
Resonanz erfahren wir über Beziehungen und die Wertschätzung, die uns Kollegen, Mitarbeiter oder die Führungskraft entgegenbringen. Konkret zeigt sich diese Anerkennung über positive Reaktionen und Blickkontakt, vor allem aber über direktes Feedback zu unserer Arbeit. Genau das sind die sehr effektiven Möglichkeiten, eine Kultur der Wertschätzung zu prägen.
Meetings, Meetings...
Neben den persönlichen Gesprächen sind Meetings das Herz von Organisationen. Wir kommen zusammen, um uns auf gemeinsame Ziele zu verständigen und voneinander zu lernen. Meist dominieren hier jedoch Sachfragen und Zeitdruck. Und dadurch verpassen wir die Chance, durch jedes Meeting eine Kultur der Wertschätzung zu bauen.
Mit Achtsamkeit hingegen können wir eine Atmosphäre des Vertrauens und intensiven Zuhörens schaffen, die das gegenseitige Verstehen unterstützt und vertieft.
Entweder oder...: Jeder kennt Meetings, die inspirieren, die sinnvoll sind und sogar Spaß machen. Dann wirken sie stärkend und setzen Bedeutsamkeit frei: Energie wird freigesetzt.
Jeder kennt aber auch das genaue Gegenteil: Momente voller Frust und Verletzung. Es wird nicht zugehört sondern aneinander vorbei geredet und gestritten: Energie wird verbraucht, Bedeutsamkeit reduziert.
Energie freisetzen: Achtsame Kommunikation
Achtsamkeit ist ein Geisteszustand, der uns in der Gegenwart verankert und uns klar sehen lässt, was auf der Ebene unserer Gedanken, Gefühle und Empfindungen vor sich geht.
Dieses Thema wird längst nicht mehr allein dem persönlichen Wohlbefinden zugeordnet. Auch im Management erkennt man zunehmend die Bedeutung systematischer Geistesschulung für Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Erfolg.
Achtsamkeit kann uns allerdings weit mehr schenken als das, denn sie ist ein klarer Kompass für ethisches Handeln, harmonische Beziehungen und fruchtbare Kommunikation – mit uns selbst und anderen. Ohne Achtsamkeit verhalten wir uns in Meetings unbewusst und aus unseren verdrängten Anteilen.
Wer nicht wahrnehmen kann, dass er wütend und damit auch aggressiv / unfair ist, wird zu einer schweren Belastung für jede Gruppe und jeden Einzelnen. Wer nicht mitbekommt, dass er z.B. ein stark negatives Urteil über eine/n Meeting-TeilnehmerIn in sich trägt, wird seine negative Haltung durch seine Blicke und seine Körpersprache zum Ausdruck bringen. Eine entsprechende Atmosphäre entsteht...
Achtsamkeit hilft uns, eine Haltung des Vertrauens zu erzeugen, die es uns erlaubt, aufrichtig mit anderen zu teilen, was wirklich los ist. Und was bräuchte es für fruchtbare Meetings mehr, als Aufrichtigkeit und das Teilen von Erfolgen und Misserfolgen?
Meetings als Übungsfeld verstehen.
Jedes Meeting ist eine Chance, durch aufrichtiges Zuhören und ohne vorschnelles Bewerten Vertrauen aufzubauen.
Viele Gespräche ähneln Wettkämpfen. Wer hat die besseren Argumente, wer kann den anderen übertrumpfen? Das geschieht oft, indem man den anderen unterbricht. Manchmal ist das notwendig und kann belebend wirken, aber oft leiden unter der Hitze des Gefechts der Gesprächsinhalt und die Gesprächsatmosphäre.
Damit sich ein Gespräch entwickeln kann – und nicht nur eine Bestätigung meiner Meinung wird – braucht es Zeit und Raum. Es braucht Pausen, in denen beide das Gesagte und Gehörte verdauen und nachklingen lassen können. Diese Pausen kann der Sprecher nur dann machen, wenn ihm der andere diese Pause auch lässt. Je weniger man den anderen unterbricht, umso tiefer und wertvoller kann ein Gespräch werden.
Eine praktische Hilfe ist, beim Zuhören nicht gleich schon innerlich eine Antwort zu formulieren. Richten wir einen Teil unserer Aufmerksamkeit auf unseren Atem, bleiben wir dadurch beim Sprechenden. Dies hat eine enorm starke Auswirkung auf die Atmosphäre.
Gemeinsames Innehalten
Ein ganz anderes Vorzeichen bekommt ein Meeting, wenn wir es mit dreißig Sekunden Stille beginnen. Das hört sich vielleicht versponnen oder auch belanglos an. Man muss es mal ausprobieren um den nachhaltigen Effekt zu erleben.
Fünf lange geteilte Atemzüge in Stille können die Energie einer Gruppe fundamental verändern. Das habe ich bereits oft erlebt. Ein Meeting beginnt meistens, wenn alle Beteiligten körperlich anwesend sind. Geistig und emotional sind viele jedoch noch woanders.
Indem wir am Anfang und Ende – vielleicht auch in der Mitte des Geschehens - kleine Besinnungspausen einlegen, sortieren sich Emotionen und Gedanken.
Stille genießen
Sind wir in Gemeinschaft, empfinden wir Stille als peinlich oder bedrückend. Stille kann aber genau das Gegenteil sein: Verbindend, klärend, kraftvoll und entspannend.
Wenn aufkommende Stille nicht dazu genutzt wird, das Wort an sich zu reißen, sondern einen Beitrag nachwirken zu lassen, ihm Raum zuzugestehen und ihn dadurch wertzuschätzen, dann entsteht eine neue Kommunikationskultur.
Fazit
Eine achtsame Kommunikation im Unternehmen fördert das Miteinander und damit das Betriebsklima, was sich wiederum positiv auf die Motivation, Leistungsbereitschaft und die Unternehmensidentifikation der Mitarbeiter auswirkt – ein wichtiger Wegbereiter für den Erfolg eines Unternehmens.
Jan von Wille / DNLA-Berater
Bild: julief514, 2016